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Mittwoch, 25. August 2010

Grundstücksverkäufer können auf Steuerrückzahlung hoffen

Immobilieneigentümer, die ab 1999 Veräußerungsgewinne versteuern mussten, obwohl ihre Immobilien bereits zuvor aus der bis dahin geltenden zweijährigen Spekulationsfrist heraus gefallen waren, können auf Steuerrückzahlungen hoffen. Grundlage ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts.

1999 wurde die Spekulationsfrist für private Grundstücksgeschäfts von 2 auf 10 Jahre angehoben. Die neue Frist galt erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 1999. Das Gesetz bezog auch solche Immobilien mit ein, bei denen die zweijährige Spekulationsfrist bereits ausgelaufen war.

Das Bundesverfassungsgericht erklärte nun diesen Teil des Gesetzes für verfassungswidrig und nichtig (Beschluss v. 7.7.2010, 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05). Der Gesetzgeber, so die Karlsruher Richter, hätte entweder alle Immobilien, bei denen die Spekulationsfrist bereits abgelaufen war, von der Neuregelung ausnehmen müssen. Oder aber er hätte bei solchen Immobilien nur Wertzuwächse besteuern dürfen, die nach Inkrafttreten des Gesetzes am 31.3.1999 eingetreten waren.

Von der Entscheidung betroffen sind alle Verkäufe von Immobilien, in denen das Grundstück nach dem 31.12.1988 und vor dem 31.3.1997 angeschafft worden ist. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Frist für die Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen von Immobilien war dann zwar die alte zweijährige Frist abgelaufen, nicht aber die neue 10-Jahres-Frist. In all diesen Fällen sollte die Möglichkeit eines Einspruchs gegen den Einkommenssteuerbescheid geprüft werden. Im Erfolgsfall kann sich eine Herabsetzung von bereits gezahlter Einkommenssteuer ergeben.

Jürgen Michael Schick, Vizepräsident und Sprecher des Immobilienverbandes IVD, begrüßte den Karlsruher Richterspruch: „Das Bundesverfassungsgericht hat einem Ärgernis in der Steuerpolitik in Deutschland einen Riegel vorgeschoben. Gesetzliche Änderungen traten immer wieder auch rückwirkend in Kraft und haben dadurch Investoren verunsichert“.


Übersicht: Praktische Folgen der Entscheidung:
Grundstücksverkauf - Folgen aus der BVerfG-Entscheidung
bis Ende 1998: Hier gilt unverändert die 2-jährige Spekulationsfrist, die Entscheidung hat keine Auswirkungen.

zwischen 1.1. und 31.3.1999

Hier sind zwei Fälle zu unterschieden:
1. Die 2-jährige Spekulationsfrist war bereits abgelaufen: Der realisierte Gewinn bleibt steuerfrei und ein Verlust dürfte insoweit nicht mehr mit Spekulationsgewinnen verrechenbar sein.
2. Die 2-jährige Spekulationsfrist war noch nicht abgelaufen: Es bleibt dabei, dass das Geschäft § 23 EStG unterliegt und Verluste mit anderen Spekulationsgewinnen verrechenbar sind.

zwischen 1.4.1999 und 31.3.2009:

Hier sind drei Fälle zu unterschieden:
1. Die 2-jährige Spekulationsfrist war bereits abgelaufen und es liegt ein Gewinn vor: Der realisierte Gewinn bleibt insoweit steuerfrei, als er auf Wertzuwächse bis zum 31.3.1999 entfällt. Insoweit muss eine zeitliche Zuordnung in steuerfreie und steuerpflichtige Gewinnanteile erfolgen.
2. Die 2-jährige Spekulationsfrist war bereits abgelaufen und es liegt ein Verlust vor. Das realisierte Minus dürfte insoweit nur zeitanteilig verrechenbar sein, soweit es in der Zeit vor dem 1.4.1999 entstanden ist. Dabei kann sich die Konstellation ergeben, dass auf den einen Zeitraum ein Gewinn und den anderen ein Verlust entfällt.
3. Die 2-jährige Spekulationsfrist war noch nicht abgelaufen: Es bleibt dabei, dass das Geschäft § 23 EStG unterliegt und Verluste mit anderen Spekulationsgewinnen verrechenbar sind.

ab dem 1.4.2009: Die 10-Jahres-Frist ist für alle Altfälle ausgelaufen, sodass sich keine Auswirkungen mehr ergeben.

Wichtig!

Eine Steuerfreistellung von Gewinnen in Altfällen ist aber nur möglich, wenn die entsprechenden Einkommensteuer- oder Feststellungsbescheide noch änderbar sind. Da die Bescheide trotz der anhängigen Verfahren zu diesem Punkt nicht vorläufig ergangen waren, gelingt das also nur in Fällen, die die Betroffenen über einen Rechtsbehelf ruhend gestellt hatten oder die aus anderen Gründen noch offen sind.

(C) Haufe.Immobilien

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